Ende dem Cybermobbing: Sinnbild für Gerechtigkeit

Ihre tragische Lebensgeschichte spiegelt die 15-jährige Amanda Todd in einem fast neun minütigen YouTube Video wieder. Anschließend nimmt sie sich das Leben.

Schwarz auf weiß hält Amanda einen selbst geschriebenden Zettel nach dem anderen vor die Linse. Sie selbst ist dabei nur im Hintergrund zu sehen. Das Gesicht vom Bild abgeschnitten und durch die Webcam nur verzerrt zu erkennen. «Ich wurde dann wirklich krank... Weinte jede Nacht, verlor alle meine Freunde und jeden Respekt... Ich beginn mich zu ritzen... Sie sagten, dass sie hoffen, dass sie (...) sich selbst umbringt... Warum bekomme ich das?... Nichts hört auf...» Ein letzter Hilferuf. «Ich habe niemanden. Ich brauche jemanden =(» Dann nahm sie sich vor knapp zwei Wochen das Leben, in der Nähe der westkanadischen Stadt Vancouver. «Mein Name ist Amanda Todd....»

 

Amanda Todds «niemals endende Geschichte» beginnt in der siebten Klasse, als sie und ihre Freunde mit der Webcam online gehen. Sie wollen neue Leute kennenlernen und mit ihnen reden. Wie es die meisten Kinder und Jugendlichen heute tun. 

Sie lernt dort jemanden kennen und wird als «atemberaubend schön» bezeichnet. Er wollte das sie sich fotografiert. Naiv wie sie damals war sendete sie ihm auch ein Foto Ihrer Brüste. Nach einem Jahr bekam sie über Facebook dann eine Nachricht von ihm. Sie wußte nicht woher er sie kannte. Damit begann ihr niemals endender Alptraum. «Falls sie keine Show für ihn einlegen würde, wird er ihre Busen herum schicken» stand in der Nachricht. Er kannte ihre Adresse, Schule, Verwandtschaft, die Familiennamen ihrer Freunde.  In den Weihnachtsferien klopfte um vier Uhr morgens die Polizei an ihrer Tür und teilte ihr mit, dass das Foto alle erhalten hatten. Sie wurde krank, bekam Angst, Depressionen, Panikstörungen und verfiel in Drogen und Alkohol. 

Cybermobbing ist schon lange keine Ausnahme mehr. Weltweit ist es ein wachsendes Problem. Statistiken zur Folge wurde mindestens jedes dritte Kind in Deutschland schon einmal online gemobbt. Es kommt auch immer wieder zu Selbstmorden durch mobbing. Doch kaum jemand stellte seine Geschichte so ausführlich dar wie Amanda.

Seit ihrem Selbstmord wurde das YouTube Video bereits über 11 Millionen mal angeklickt. 

In Kanada gilt sie jetzt schon als Sinnbild für das grausame Leiden, dass ihr durch cybermobbing zugefügt wurden war. Am Freitag wurden im ganzen Land Geschweigeminuten in Schulen angelegt und die Menschen hatten sich auf Plätzen versammelt um eine Kerze für sie anzuzünden. 

Amanda Todd's Story (Quelle: YouTube)


Amanda Geschichte ließ auch die kanadische Regierung nicht unberührt. In der Provinz British Colombia, in der Amanda lebte, soll nach der Premierministerin Christy Clark eine öffentliche Debatte über Cybermobbing statt finden. Im Europaparlament fordert der Vizepräsident Alexander Alvaro (FDP) eine Verschärfung der derzeit in Brüssel erarbeitet werdenen Datenschutzverordnung. Sie würden nicht ausreichen. Ebenfalls fordert Alvaro Internetunternehmen wie Google und Facebook dazu auf sich an eine Ethik-Kommission zu richten. Diese Kommission soll kontrollieren ob Persönlichkeitsverletzungen durch die Betreiber, wie Google und Facebook, innerhalb von 24 Stunden aus dem Netz gelöscht werden. 

Todd traute sich nicht mehr hinaus zu gehen und nach einem Jahr kam ihr Peiniger wieder mit einer neuen Liste von ihren Freunden und ihrer Schule. Diesmal hat er eine Facebook Seite erstellt um sie bloß zu stellen. Als Profilbild stellte er ihre Busen ein. Todd war verängstigt und weinte nur noch. Sie verlor alle ihre Freunde und jeglichen Respekt ein zweites mal. Die Jugendlichen gaben ihr Namen und richteten über sie. Ihr wurde bewusst, dass sie das Foto nie wieder zurück bekommt und das es immer dort draußen im Netz sein wird. Sie begann sich zu ritzen und wechselte die Schule erneut. Es wurde besser, niemand kannte ihre Vergangenheit. Doch sie war allein. 

Nach einem Monat begann sie dann mit einem Freund eines alten Freundes zu sprechen und sie schrieben sich hin und her. Er gestehte ihr seine Zuneigung, meinte er hätte eine Freundin, diese wäre aber im Urlaub und er wolle, dass sie rüber kommen solle. Sie machte den Fehler mit ihm zu schlafen im Glauben,  dass er sie möge. 

 

Nach einer Woche war seine Freundin, er und 14 andere vor ihrer Schule. Sie sagten, in der Anwesenheit von 50 anderen Schülern, dass sie sich umschauen soll «niemand möge sie». Jemand rief «Schlag sie jetzt» und sie tat es. Sie brachte Todd zu Boden und schlug sie mehrmals. Kinder filmten sie. Niemand half ihr. Sie war allein. Todd nahm die Schuld auf sich, weil sie ihn nicht verletzen wollte im Glauben daran, dass er sie möge. «Aber er wollte nur den Sex». Jemand schrie erneut «schlag sie». Dann kamen endlich die Lehrer, doch Todd lag bereits mit dem Gesicht im Dreck. So fand ihr Vater sie auch vor. Als er sie nach Hause brachte trank sie Bleichmittel. Sie starb innerlich und auch äußerlich. Im Krankenhaus wurde sie wiederbelebt. 

Der Horror endete aber nicht. Als sie wieder zu Hause war laß sie auf Facebook «Sie verdiente es, hast du den Dreck aus deinen Haaren gewaschen? - Ich hoffe sie ist Tod». Niemand interessierte es.

Amanda zog zu ihrer Mutter in einer anderen Stadt und wechselte erneut die Schule. Sie wollte es hinter sich lassen und voran schreiten. Sechs Monate vergingen. Die Leute posteten Bilder von Bleichmitteln und Fützen. Es wurde ihr Anhängeschildchen. Die Leute sagten «sie sollte ein anderes Bleichmittel benutzen, Ich hoffe sie stirbt dieses mal und ist nicht so dumm... Ich hoffe sie sieht dies und bringt sich selbst um» und Amanda fragte sich «Warum bekomme ich dies ab? Ich habe alles hinter mir gelassen, aber warum folgen sie mir? Ich habe eure Stadt verlassen... Ihr bin nun ständig am weinen.. Ich denke jeden Tag warum ich hier bin? Meine Angst ist nun schrecklich... Ich bin diesen Sommer nie raus gegangen. Alles von meiner Vergangenheit... Leben wird niemals besser... kann nicht zur Schule gehen. Sich mit Leuten treffen oder mit ihnen sein... andauerndes ritzen. Ich bin wirklich depressiv. Ich bin jetzt auf Anti-Depressiver und in Therapie und vor einem Monat, diesen Sommer, habe ich überdosiert... zwei Tage im Krankenhaus... Ich sitze fest. Was ist von mir nun übrig... Nichts stoppt».

Todd gibt einen ergreifenden und verzweifelten Einblick in ihre Seele. Sie zeigt wie sie sich fühlt. Wo sie nun steckt. Es ist ihr letzter Hilfeschrei und ihre Abschiedsbotschaft. «Ich habe niemanden... Ich brauche jemanden», ein trauriges Smilie folgt, «Mein Name ist Amanda Todd....» Kurz darauf nahm sie sich ihr junges Leben.

 

Stellungnahmen von Anonymous zu Amanda Todd's Tod (Quelle: YouTube)

Polizei und Anonymous sind dem Täter auf der Spur.

Auch die Hackergruppe Anonymous hatte sich durch ein Video zu Amanda Todd's Tod geäußert. Sie suchten ausgiebig im Netz nach dem Mann, der Todd in den Selbstmord trieb und stellten den Namen und die Adresse des angeblichen Täters ins Internet. Dieser bestritt jedoch, dass er sie gemobbt haben solle. 

Genau wie die kanadische Polizei, stoppt die Hackergruppe Anonymous nicht ihre Suche nach dem Täter. 

Anonymous Beweggründe sind, die Aufspürung von Todd's Peiniger, damit dieser die Folgen für seine Taten trägt. Sie wollen eine Welt ohne Furcht und Hass, eine friedvolle Welt. 

In ihrer erste Botschaft verkündigen sie, dass Todd nun frei ist, dass sie nicht vergessen, dass sie nicht vergeben, dass er ihnen glauben kann, dass sie ihn beobachten und finden werden. Sie wissen wer er sei und sie wissen was er getan habe.

In ihrer zweiten Botschaft geben Anonymous die Identität des Täters und seine Nummer bekannt. Sie wollen Gerechtigkeit und zeigen dieses mal eine ganz andere Seite.



Sources: n-tv.de / heise online / YouTube

by Patrick Klapetz

Date 2012, October 21th


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